Teilprojekt B.2

Menschenrechtsverbrechen, Norm-Entrepreneure und die Umsetzung des Weltrechtsprinzips in Deutschland. Eine Studie zum Menschenrechtsbewusstsein unter syrischen Geflüchteten

Das Projekt untersucht die Reichweite, Formen und Folgen des Vordringens von Menschenrechtsdiskursen unter syrischen Geflüchteten im Kontext der Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen im Syrienkrieg. Im Fokus steht, wie die Geflüchteten sich Diskurse, in denen die Geltung von Menschenrechten als rechtliche, politische oder moralische Prämisse gesetzt ist, aneignen, sie verhandeln und hierdurch diskursive Praxis formen. Die zu untersuchenden Diskurse werden von verschiedenen Akteuren initiiert, deren diskursive Praxis ebenfalls analysiert wird.
Im Rahmen einer Feldforschung rund um die derzeit in Deutschland stattfindenden Gerichtsprozesse zur strafrechtlichen Aufarbeitung von Verbrechen in Syrien beginnt das Projekt mit der Untersuchung von Potentialen und Fallstricken, welche die Umsetzung des Weltrechtsprinzips für die Aufarbeitung des Syrienkonflikts mit sich bringen. Dabei betrachtet es besonders die Aushandlung von Gerechtigkeits-, Aufarbeitungs- und Menschenrechtsvorstellungen innerhalb der syrischen Diaspora in Deutschland. Mit einem postkolonial-machtsensiblen Anspruch nimmt es auch in den Blick, wie bereits bestehende Diskurse unter den syrischen Geflüchteten die Möglichkeiten der Anwendung des Weltrechtsprinzips prägen, wie gleichzeitig die Erfahrungen mit den Prozessen neue Menschenrechts- und Gerechtigkeitsdebatten inspirieren und wie diese in diasporisch-zivilgesellschaftliche Praxis übersetzt werden. Relevante Forschungsstränge umfassen dabei die Literatur zu Menschenrechtsbewusstsein, die Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen im Kontext von Transitional Justice sowie die Rolle von Norm-Entrepreneuren und Diasporagruppen, die dieses Menschenrechtsbewusstsein unter syrischen Geflüchteten beeinflussen möchten. Postkoloniale und forschungsethische Überlegungen begleiten den Grounded-Theory-basierten, teils partizipativ angelegten Forschungsprozess.
Im Rahmen von MeDiMi leistet das Projekt einen Beitrag zur Erforschung der Rolle, die Diasporagruppen innerhalb der Migrationsgesellschaft bei der Aufarbeitung von Konflikten in ihren Herkunftsländern spielen können, und fragt danach, wie ihre diasporischen Erfahrungen Menschenrechtsdiskurse innerhalb der Ankommensgesellschaft prägen. Mit dem Fokus auf die syrische Diaspora untersucht das Projekt dabei eine der am schnellsten gewachsenen und größten Gruppen neuzugewanderter Menschen in Deutschland.

Leitung: Prof. Dr. Susanne Buckley-Zistel

Mitarbeiter:innen: Maria Hartmann, Dr. Mina Ibrahim, Mariana Karkoutly (assoziiert)

Zentrum für Konfliktforschung, Philipps-Universität Marburg