Teilprojekt A.2

Systemische Defizite im Menschenrechtsschutz von Migrant:innen: Der Interamerikanische und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Vergleich

Menschenrechtsgerichtshöfe wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (IAGMR) stellen nicht nur in konkreten Einzelfällen ex post individuelle Rechtsverletzungen fest, sondern intervenieren teilweise unmittelbar in politische und administrative Prozesse. Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass Menschenrechtsverletzungen oft systemischer bzw. struktureller Art sind, d.h. sie haben eine gemeinsame Ursache und betreffen eine Vielzahl von Personen über einen längeren Zeitraum.
Vor diesem Hintergrund wendet sich das Projekt den Fragen zu, welche dogmatischen Potentiale ein prozeduraler Ansatz mit Blick auf die Vermeidung systemischer Defizite im Sinne von good governance eröffnen kann und wie der EGMR und der IAGMR in ihrer Funktion als Gerichte mit systemischen Defiziten strategisch erfolgreich und zugleich in legitimer Weise umgehen können. Im Anschluss daran soll überprüft werden, inwieweit die so gewonnenen Erkenntnisse für die gegenwärtige kritische Diskussion zu Menschenrechten fruchtbar zu machen sind.
Die rechtsvergleichenden Befunde werden im Lichte von menschenrechtstheoretischen Ansätzen zur Bedeutung der Partizipation von Migrant:innen an staatlichen und internationalen Strukturen kritisch reflektiert. Methodisch verknüpft das Projekt so rechtsvergleichende Fragestellungen nach dem Gehalt von Menschenrechten mit der internationalen verfassungsvergleichenden Diskussion zur Rolle von Gerichten als strategische Akteure. Mit dieser Verbindung unterschiedlicher methodischer Zugriffe und der Einbeziehung von Rechtssystemen außerhalb Europas leistet das Projekt einen Beitrag dazu, die Funktion von Gerichten in der Menschenrechtspraxis im Spannungsfeld von Menschenrechtstheorie, Rechtsdogmatik und politischer Praxis zu analysieren und normativ aufzuarbeiten.

Leitung: Prof. Dr. Michaela Hailbronner

Mitarbeiterin: Dr. Giulia Santomauro

Westfälische Wilhelms-Universität Münster